Also, „von Beginn an“ wollte ich berichten – da allerdings müssen wir mindestens zurück in den Februar diesen Jahres schauen. Genau im Februar nämlich sollte einiges an Krempel geliefert werden, so hatte Yachtservice-André es mir versprochen.
Konkret ging es um einen neuen Plotter, der alte hatte im vergangenen Jahr seinen Geist aufgegeben und um ein neues Funkgerät, das vormalige hatte nie zufriedenstellend funktioniert. Darüber hinaus brauchte die Kohinoor ein neues GPS-Gerät, das alte Furuno harmonierte nach einem Datumsrollover nicht mehr mit meinem Bordrechner, auf dem ich gern die Navigation erledige.
Ich hatte im Herbst ein wenig Druck gemacht bei André, die Winterarbeiten müssten im April abgeschlossen sein, hatte ich freundlich formuliert, wir würden endlich mal früh wegwollen in diesem Jahr, spätestens so Mitte Mai. Man könne nie sicher sein, wie lange es noch ginge mit der Fahrerei, er wisse schon.
Natürlich weiß er es nicht, er ist erst 31 Lenze, sagte aber maximales Verständnis heuchelnd:
„Iss klar, verstehe. Kein Thema.“
Und tatsächlich, er kam ordentlich voran, im frühen Jahr waren neue Scheiben in die Sprayhood genäht, eine Fehlstelle im Teak anständig repariert, ein kleiner Ruderschaden gerichtet und das Antifouling gestrichen. Einige weitere kleine Arbeiten sollen hier nicht erwähnt werden, sie sind weder für Leser noch für Leserinnen von Belang.
Das reparierte Deck am Heck der Kohinoor
Mir muss ich vorhalten, wo ich von winterlichen Wartungsarbeiten berichte, dass ich selbst zu träge bin inzwischen, den Großteil der immer wieder anfallenden Dinge selbst zu erledigen. Früher war ich mir da nicht zu schade, schon wegen meiner von mancher Seite hämisch belächelten Sparsamkeit. Weitere Ausführungen hierzu nicht an dieser Stelle.
Es ließ sich also ordentlich an, sah gar nicht so schlecht aus – nur die Geräte, bis auf das Furuno-GPS, wollten nicht eintreffen. Für den Plotter gab es einen neuen Liefertermin, der zweite April wurde genannt - unverbindlich. Man wisse nicht, ob das Schiff mit dem Gerät tatsächlich eintreffen würde in England. Und dann sei da ja auch noch der inzwischen beschwerliche Weg nach Deutschland. Nein, wirklich Genaues könne man nicht sagen.
Warum bitte, frage ich mich, benötigt man ein ganzes Schiff und sei es noch so klein, um einen lächerlichen Kartenplotter zu transportieren? Ich versteh es nicht. Vielleicht war früher doch einiges besser? Zumindest hielten die Geräte länger als fünf Jahre. Fünf Jahre nämlich ist die lächerlich geringe Lebensdauer meines bisherigen Plotters gewesen.
Das Funkgerät wurde sogar auf Mitte/Ende April umterminiert, ganz sicher könne dann mit dem Eintreffen gerechnet werden. Also, höchstwahrscheinlich müsse man einschränkend sagen!
Ich fand mich ab mit den Verzögerungen, blieb mir anderes übrig? Frau Cornelia hatte sowieso kein Problem:
„So früh müssen wir doch nicht los, ich hab auch noch Termine! Und zu kalt isses sowieso noch.“
Damit war das geklärt, Grund zum Drängeln meinerseits gab es also ganz und gar nicht mehr. Okay, sagte ich mir, dann hab ich ja noch Zeit, den Bordrechner eben neu zu machen. Der ist nun tatsächlich in die Jahre gekommen und stürzte in der Vergangenheit hin und wieder ab – immer zur Unzeit natürlich.
André war so nett mir die entsprechenden Komponenten rauszusuchen, und zwar genau so, dass sie in mein altes Rechnergehäuse passen würden. Die Teile waren schnell geliefert, sie passten auch, leider nur hatte das Motherboard einen Schaden und musste neu kommen – nicht immer läuft alles völlig glatt, aber nun war ja Zeit.
Work in progress
Langsam tut sich was
Letztendlich wurde mit Andrés Hilfe alles gerichtet, ich konnte meine neue Naviecke gestalten, wie fast immer nicht ohne kleinere Probleme, das Furuno-GPS wollte partout nicht mit dem wunderschönen neuen Rechner kommunizieren, die Datensätze des GPS-Gerätes kamen einfach nicht im Computer an. Nach einigen zermürbenden Stunden Messarbeit fand ich heraus, dass ein vieladriges Kabel, jahrzehntelang hatte es tadellose Arbeit verrichtet, einen lächerlichen Aderbruch aufwies. Die Zeit für die Fehlersuche vernachlässigend, war das Problem recht fix behoben.
So sieht er aus, der aufgemotzte Naviplatz
Ansonsten waren allgemeine Frühjahrsarbeiten zu verrichten, teils gemeinsam mit tatkräftiger Unterstützung durch Frau Cornelia, teils allein – je nach dem, wie es passte.
Unter anderem, ich mach das regelmäßig vor jeder Saison, prüfte und spülte ich den Fäkalientank, indem ich ihn liebevoll bis zum Rand mit frischem Wasser füllte. Unmittelbar nach verrichteter Arbeit wunderte ich mich über das lautstarke Anspringen der Bilgenpumpe.
Nach dem Wegnehmen eines Bodenbretts im Vorschiff sprang mich der Fehler in Form einer schicken, meine Hose gründlich durchnässenden Fontäne an. Ihren Ursprung nahm sie zwischen Tankgehäuse und Inspektionsdeckel. Nur wenige Stunden später war das durch einen abgerissenen Bolzen verursachte Problem gerichtet. Hoffentlich auf Dauer.
Der Fäkalientank - eine unverhoffte Baustelle
Im Nachgang wurde deutlich, dass die Nase von Frau Cornelia recht zuverlässig arbeitet. Sie hatte im letzten Jahr einige Male geklagt, es röche so schlecht im Vorschiff, so muffig; eigentlich sogar, wenn sie richtig überlege, nach Abwasserkanal.
Ich hatte damals ihr Klagen nicht wirklich ernst genommen, hatte halbherzig ein paar mal die Nase ins Vorschiff gehalten und gebrummelt, da sei nichts, wirklich nichts.
Drei Schaufeln Dreck auf mich!
Irgendwann zwischendurch, um genau zu sein, am 20. Mai stellten wir den Mast. Funk und Plotter fehlten immer noch, der Plotter sei aber jetzt immerhin schon in England, berichtete André.
Die Himmelsfahrtwoche spülte dann die ersehnte Elektronik an Bord. Nur wenige Tage später funktionierte dank André alles leidlich, und besonders wichtig – beim Funk hatte ich mir sogar eine Außenstation gegönnt, trotz allen Geizes. Ich sag es gleich: das ist ne gute Sache, die gefällt mir bestens!
Pfingstmontag reisten Frau Cornelia und ich, der Steuermann dann endgültig mit unseren Plünnen an. Die nächsten Tage vergingen mit Provianteinlagerung und dem Warten auf vernünftiges Wetter, es war nicht so um Pfingsten herum.
Kuno wünscht eine gute Reise
Am zehnten Juni dann werden wir vom lieben Kuno Buseman verabschiedet, er wünscht uns eine gute Zeit und glückliche Wiederkehr. Es geht los!
Und sogar André ist auf die Schleuse gekommen und ruft uns ein freundliches „Adieu“ zu.
André verabschiedet uns von der Schleuse aus
Um zwanzig vor fünf liegen wir nach sieben Stunden und 43 Meilen bei leichtem Regen zufrieden im Burkanahafen auf Borkum. Okay, nicht Mitte Mai, aber immerhin noch vor Mitte Juni.
Weener - Borkum. Die ersten Meilen in diesem Jahr
Die Daten werden freundlicherweise von Google und MarineTraffic zur Verfügung gestellt
Unser Tagesziel Borkum ist erreicht
11. Juni bis 23. Juni
Gegen Mittag wollen wir weiter nach Norderney, durchzugehen bis nach Cuxhaven haben wir keine Lust, das wären runde 16 Stunden am Stück. Und die mache ich nur, wenn's gar nicht anders geht.
Bis zum Riffgat ist es ruppig
Weil ich ein bekennend feiger Hund bin und einen Heidenrespekt vor den Seegatten habe, rufe ich noch eben beim Rettungskreuzer auf Norderney, dem Eugen, an und frage, durch welches Gatt ich am besten reingehen soll, der Wetterbericht spricht für unsere Ankunft dort von 5 Bft. aus West. Mancher warnt da schon vor einer Passage der Norderneyer Seegatten. Der nette Mann vom Eugen empfiehlt das Dovetief, damit hab ich gerechnet, bei auflaufend Wasser und halber Tide sollte das bei dem zu erwartenden Wind kein Problem sein, sagt er. Von einer Schluchterpassage, dem zweiten Fahrwasser nach Norderney, rät er entschieden ab.
Als wir das Dovetief erreichen, weht der Wind nur noch mit drei Beaufort und wir haben eine Passage durch das Seegatt bei beinahe Glattwasser. Anders war es noch, als wir von Borkum zum Riffgat und darüber liefen, der Wind stand gegen den Strom und somit war's recht ruppig. Frau Cornelia gefiel das nicht. Ich fand es auch nicht dolle.
Keine Probleme beim Anlaufen von Norderney
Das wir auf Norderney überhaupt ankommen, ist einem ausgesprochen quirligen Schutzengel zu verdanken.
Ab dem Riffgat, jetzt auf Ostkurs laufend, haben wir eine gemütliche Fahrt auf einem nur ganz leicht schwankenden Schiff. Die gleichmäßig ruhigen Bewegungen wiegen Frau Cornelia auf der Plichtbank liegend in einen tiefen Schlummer. Außer uns ist niemand unterwegs, niemand, kein Mitläufer und auch kein Entgegenkommer. Unser Schiff läuft schnurgerade auf dem Autopiloten, genau auf vorgegebenem Kurs und ich müsste mal runter, ein dringendes Bedürfnis ruft. Frau Cornelia will ich nicht wecken, sie schläft so schön, wäre vielleicht ungehalten, wenn ich sie wachmachte.
Die Sitzung zieht sich länger hin, als ich zurück in die Plicht steige, ist Frau Cornelia hocherregt – und kreidebleich.
Ob ich denn nichts gehört hätte? Kein Hupen, kein Schreien?
Nein, hatte ich nicht, wirklich nicht. Ich war beschäftigt.
Sie hätte im Traum ein Hupen gehört und dann habe jemand geschimpft, laut und sehr deutlich. Da sei sie aufgesprungen und hätte den Segler gesehen, ganz knapp hinter uns sei er durchgegangen. Vielleicht mit zwei Metern Distanz, oder dreien – maximal.
Au weia Steuermann, da hast du echt was falsch gemacht – nicht immer ist da, wo augenscheinlich nichts ist, wirklich nichts.
Abends auf Norderney treffen wir den Segler, der im letzten Moment ausgewichen war und ich kann mich entschuldigen für mein grobes Fehlverhalten. Denn eines ist mal sicher: er hatte Vorfahrt! Hundertpro! Der Mann, zum Glück, ist nicht wirklich böse. Und wir alle leben noch.
Das Einzige was man ihm vorwerfen könnte: Er hat kein aktives AIS auf seinem Schiff, hätte er's gehabt, wäre ich informiert worden über seine Annäherung – auch auf dem stillen Örtchen.
Das aber kann keine Entschuldigung sein, ich muss damit rechnen, dass nicht jeder ein AIS mit sich herumfährt.
Ansonsten wartet ein ruhiger Abend auf uns, Essen gibt es aus dem Backofen, vorher haben wir noch eben das Liegegeld in Höhe von hochseriös kalkulierten Euro 28,10 weggebracht und unsere Kleingeldvorräte nach Fünfzig-Cent-Stücken durchforstet. Es findet sich genau eines, das Frau Cornelia flux in die Stromsäule steckt, mit der die hiesige Seglervereinigung das knapp kalkulierte Liegegeld aufzubessern versucht. Dafür gibt es genau ein KW elektrischer Leistung, wenn ich es recht erinnere.
Der Preis für den Strom an sich ist in Ordnung, ich will da nicht meckern. Was mich stört an dieser Art des Stromhandels ist, das ich gezwungen bin, säckeweise Münzen durch die Gegend zu fahren und diese aus Stabilitätsgründen in der Bilge zu lagern. An sich kein Problem bei der heutigen Negativverzinsung von Erspartem. Zur Geldentnahme aber müsste ich mich hinknien und deutlich bücken um an die Cente zu kommen – das will ich nicht. Eine anständige Pauschale für den Strom wäre mir lieber. Andere mögen das anders sehen.
Jedenfalls passiert, was passieren muss, das knappe Stromkontingent ist rasch erschöpft, die Stromsäule verweigert die weitere Unterstützung unserer, gerade in diesen Zeiten so zu recht verpönten Komfortsucht.
Wir sind gerüstet, schalten die Versorgung um auf unseren Konverter, er liefert in solchen Fällen klaglos die begehrten 230 Volt aus unseren Batterien. Der Fernsehabend also ist gerettet, die umfangreichen Lebensmittelvorräte können zuverlässig gekühlt werden.
Ein Problem allerdings bringt der folgende Morgen mit sich, die Senseomaschine versagt den Dienst, das Duschwasser will nicht warmwerden – die Batterien sind am Ende. Viel zu früh nach meiner Einschätzung – da liegt was im Argen.
Wir starten bei Hochwasser Norderney, also ungeduscht, nach Cuxhaven. Was beileibe kein Nachteil ist, wenn man neueren und vermutlich seriösen Forschungsberichten vertraut.
Auf dem Weg nach Cuxhaven
Einer von vielen Ankerliegern auf der Reede im Bereich Jade/Weser
Elf Stunden später, genau um 21:15 ergattern wir einen der letzten freien Plätze im Cuxhavener Yachthafen. Beinahezusammenstöße gab auf der Reise bei 4 – 5 aus West keine. Da hab ich also zumindest temporär hinzugelernt.
Die Kugelbake, das Wahrzeichen Cuxhavens
Am nächsten Tag ist neben anderem Batteriekontrolle, die ältesten der sieben verbauten Akkus stammen aus 2014, die restlichen haben auch schon fünf Jahre auf dem Buckel, nach den vorgestern gemachten dramatischen Erfahrungen werden wir uns trennen müssen, die Batterien und ich. Auch wenn's schwerfällt!
Die schweren Herzens am frühen Nachmittag neu georderten Batterien lass ich nach Harburg liefern, dort wollen wir die Kinder besuchen für ein paar Tage. Das passt also prima, Kind Annika kann sie uns dann zum Schiff bringen. Wieder mal alles im Griff also.
Wir bleiben einen Tag liegen in Cuxi, gehen am zweiten Abend zum Essen ins Hafenrestaurant, früher hieß es „Seglermesse“ und sind überrascht: Das Essen ist unter neuer Leitung wieder ordentlich, die Bedienung freundlich. Der Tipp zu dem Besuch stammte von Frau Cornelia.
„Du, die haben da einen neuen Inhaber, lass uns das versuchen,“ hatte sie gesagt.
Eigentlich hatten uns im vergangenen Jahr geschworen: „Nie wieder“.
Weil es uns mit dem Wasser zeitlich nicht so passt, gehen wir am nächsten Tag nach Glückstadt, essen toll auf dem Marktplatz und dann weiter nach Hamburg in den City-Sporthafen.
Suchbild: Wo liegt die Kohinoor?
Am zweiten Tag in Hamburg kommt uns die SeaCloudSpirit besuchen
Zwei Tage für mich beschwerliche Hamburg-Wanderung (wie gern hätte ich eine der Gewalttouren eingespart und stattdessen eine Weile mit Knut geplaudert), essen in der Deichstraße beim Italiener und dann, nach zwei Tagen, weiter um die Ecke nach Harburg.
Die Schleuse dort hat man inzwischen umgestellt auf ein hypermodernes Internetbezahlsystem. Wie fortschrittlich – vier lächerliche Euro für zwei Schleusungen sind auf ein Konto der Hafenbetriebsgesellschaft zu transferieren. Nur blöd, der Schleusenwärter weiß mit dem uns Online zugeteilten Code nichts anzufangen. Er lässt uns trotzdem rein.
Die Schleuse in den Binnenhafen von Harburg
Im Binnenhafen liegen wir wie immer beim netten Hansa-Yachtclub, Karl-Heinz und Birgit nehmen uns warm in Empfang.
Die Batterieanlieferung erfolgt einen Tag verspätet, aber immer noch völlig rechtzeitig, eine gemütliche Nacht verbringen wir mit Enkelkind Luisa, am nächsten Tag wird geschraubt, 700 Amperestunden sind auszubauen und siebenhundert, diesmal in Gelausführung wieder einzubauen. Mit der engagierten Hilfe von zwei freundlichen Vereinsmitgliedern funktioniert das reibungslos. Sogar die alten Akkus werde ich los, kann sie verschenken und muss mich somit um nichts kümmern. Ein Glückskind bin ich – wenn auch ein recht altes.
Wir verlassen den Yachtclub Hansa
Der 19. Juni ist wieder Reisetag, wir legen um viertel nach Elf ab. Birgit und Karl-Heinz winken uns noch lange nach. Aus der Schleuse will man uns wieder rauswerfen, erst müsse ein Binnenschiff geschleust werden, heißt es.
Mein Hinweis darauf, das wir unbedingt die Kattwykbrücke um 12:30 haben müssen, stimmt den Schleusenwärter gnädig, wir werden vor dem Binnenschiffer geschleust. Der nimmt es gelassen und sagt, er würde die Zeit schon wieder reinfahren. Danke!
Die Kattwykbrücke
Wir kämpfen uns bei recht viel Wind von vorn und später auch ordentlichem Strom aus gleicher Richtung bis nach Glückstadt durch. Eine gute Entscheidung war das, denn Morgen wird es noch ärger blasen, natürlich aus der Richtung in die wir wollen.
Die kurze Strecke bis Brunsbüttel am 20. Juni wird tatsächlich rumpelig und trotz ablaufenden Wassers langsam. Wartezeit an der Schleuse gibt es dafür kaum, wir können nach wenigen Minuten gemeinsam mit einem kleinen Seeschiff durch die alte Südschleuse. Um viertel vor Zwei liegen wir im kleinen Yachthafen neben den Schleusen.
Wir haben Glück - keine Wartezeit in Brunsbüttel
Warum im Verlauf des Nachmittags ein Segler auf die, die Einfahrt in den Hafen begrenzenden Bohlen brummte, hat sich mir nicht erschlossen.
Gegen Abend wird es, wie eigentlich immer, voll im Hafen und wir bekommen einen Nachbarn auf die Seite. Das Liegegeld ist mit zehn Euro nach wie vor mehr als moderat, die Kanalpassage kostet endlich wieder Geld (ich mein das so wie ich's sage) – für uns sind es 18 Euro.
Yachthafen in Brunsbüttel
Mit einem Zwischenstopp in Rendsburg, dort wird der Steuermann wie alljährlich bei Sievers eingekleidet, geht es weiter. Hoffnung auf einen Liegeplatz in Laboe oder Möltenort für den Abend haben wir nicht, wir werden wohl bis Maasholm durchgehen müssen, schließlich ist Kieler Woche. Zum ersten Mal seit zwei schweren Coronajahren wieder.
Aber falsch: ein Anruf durch Frau Cornelia in Laboe lässt Hoffnung aufkeimen: Es gäbe freie Plätze, aber leider, reservieren täten sie nicht. Wir sollten mal einfach kommen. Es ergäbe sich wohl was.
In Holtenau legen wir eine Zwangspause ein, das Schleusenpersonal will uns erst nach einer guten Stunde. Wir verbringen sie geduldig gemeinsam mit anderen Booten am Wartesteg links der Schleusen.
Noch in der Schleuse sag ich zu Frau Cornelia:
„Lass uns gleich erst nach Möltenort schauen, vielleicht ist da ja auch was frei. Du weißt, ich lieg' da eigentlich lieber. Und reserviert haben wir ja nicht in Laboe.“
Die Admiralin ist einverstanden und siehe da, im Fischereihafen lacht uns sofort ein freier Platz entgegen, sogar längsseits am Steg. Was ist bloß los hier mit der Kieler Woche?
Er wisse es auch nicht, erzählt einer der freundlichsten Hafenmeister ostseeweit später, deutlich weniger Gäste gäbe es in diesem Jahr, früher hätte er sich nicht retten können vor Reservierungen, jeden Preis hätte er nehmen können, was er natürlich nie getan habe.
Der gemütliche Hafen Möltenort
Gern würden wir im „Rimo 1“ essen, leider ist es zu voll und die reizende Chefin ist auch nicht vor Ort. Schade, wir hatten so viel Spaß zusammen im letzten Jahr. Stattdessen wandern wir ein Stück und landen im „StrandHotel Seeblick“. Dort läuft schief, was nur schieflaufen kann, beginnend bei der an Körperverletzung grenzenden Wartezeit und endend bei Qualität und Vollständigkeit des Essens. Die Details erspare ich der verehrten Leserschaft.
Die liebe junge und durch die Vielfalt der ihr übertragenen Aufgaben hoffnungslos überforderte Servicekraft wundert sich am Ende über ein Trinkgeld, das sie trotz allem bekommt.
Wir versichern ihr, dass wir wirklich nicht glaubten, die Verantwortung für das Erlebte läge bei ihr, vielmehr sähen wir drastische Mängel in der Organisation des Unternehmens.
Ja, sagt sie, einiges liefe wohl nicht ganz glatt im Hause und etwas mehr Unterstützung, ja, die könne sie sich durchaus vorstellen.
In der Nacht, so gegen halb vier wird Frau Cornelia durchs Telefon aus ihren Träumen geworfen:
„ Alarm durch Rauchmelder Eins“, heißt es, „bitte bestätigen Sie durch Drücken der Taste Eins.“
Sie fasst das nicht als Witz auf, weckt mich sofort:
„Die Alarmanlage!“, ruft sie, „es brennt bei uns zuhause. Steh auf!“
Natürlich tue ich wie geheißen, aber was machen von hier, von Möltenort aus? Zielführendes fällt mir ad hoc nicht ein – eines aber weiß ich: gehabt haben wir das noch nie, noch nie hat der Rauchmelder in Melle einen Alarm ausgelöst. Also ist mit der Nachricht nicht zu spaßen. Man, also ich, werde sie ernst nehmen müssen, die Nachricht.