24.01.2021 | © pt
Da war ich noch mal zum Schiff – Vorbereitungen standen an für's Winterlager. Nicht jedem schmeckt das. Ich mach's ganz gern. Nachmittags hin, gemütlich die Heizung an, dann einen Kaffee aus der Senseo und natürlich Frau Cornelia anrufen:
„Bin gut angekommen, alles klar, alles bestens, nee, noch ist es recht kalt – aber wird schon. Schönen Abend, bis übermorgen, oder so. Ja, melde mich.“
Wie man das so macht, so auch dieses Mal. Telefonat beendet, Handy auf den Tisch, ganz rechts, so wie meistens. Der Kaffee war jetzt trinkbar, nicht zu warm, nicht zu kalt. Genau richtig eben. Und die Temperatur näherte sich der 16-Grad-Marke. Gar nitt so schlecht. Wärmer wäre besser, aber wie ich schon sagte: das wird schon.
So saß ich da ganz gemütlich auf der Couch in meiner Ecke und diskutierte kaffeeschlürfend mit mir selbst:
„Heute noch was machen? Nee, wird ja schon dunkel. Draußen lohnt nich mehr. Aber die Batterien. Nach dem Wasser könnte ich noch sehen. Oder?
Doch, und dann gemütlich essen, später vielleicht Jörg anrufen, vielleicht hat der Lust und kommt noch rüber. Jo, so wird’s gemacht!“
Das mit den Batterien ging fix, Wasser brauchte kaum drauf, ich konnte den Backofen anschmeißen und Brötchen backen für ein urgemütliches Abendessen. Einiges war noch im Kühlschrank, was fehlte, hatte ich mitgebracht. Es mangelte an nichts. Nur die Butter, die war zu fest. Auf den warmen Brötchen aber ging es mit dem Streichen. Warm genug war es auch inzwischen. Was noch fehlte an Temperatur hatte der Backofen zugeheizt.
Der Bauch war voll, die Nachrichten, Thorsten Schröder sprach sie wohl, verbreiteten das Schlechteste vom Tage. So wie wir's gern hören wollen. Nachrichten sind, jeder weiß das, tendenziell schlechte Nachrichten. Und das ist gut so, denn wenn gute Nachrichten verbreitet würden, würde das keine Sau interessieren. An ständig guten Nachrichten sind schon ganze Staaten gescheitert (vgl. DDR/Aktuelle Kamera). Vielleicht ist das nicht die ganze Wahrheit – aber egal, gehört ja auch gar nicht hier hin.
Also, ich trank noch eine Tasse Tee, hatte mir zum Essen eine schöne Kanne Darjeeling gegönnt und räumte den Tisch ab, spülte mein schmutziges Geschirr und konnte den Abend beginnen lassen. Also erst mal Jörg anrufen, hören was der so vorhat.
Mann, wo bitte ist das Telefon? Genau da hatte ich es doch hingelegt, rechts an die Tischkante. Weiß ich genau! Aber da iss nix – ich bin doch nicht blöd. Jo klar, ich werd es runtergewischt haben vom Tisch.
Nein hab ich nicht. Auf dem Boden liegt nichts. Okay, 'nen paar Krümmel, aber kein Telefon. Ja dann auf dem Navitisch, sicher, da muss es liegen. Kein Telefon.
In der Jackentasche, Hosentasche?
Nein, natürlich nicht, wie sollte es da hinkommen? Nochmal den Fußboden absuchen. Werd es übersehen haben.
Nix!
In der Heckkajüte? Blödsinn, da warst du doch gar nicht. Ich hab das Ding doch hier auf den Tisch gelegt! Verdammt, ich weiß das genau!
Besteckschublade? Ist das Mistding etwa in die Besteckschublade gefallen?
Schön wär's gewesen. Nein, es ist nicht in die Besteckschublade gefallen! Draußen unter der Sprayhood? Vielleicht da? Manchmal macht man ja Sachen.
Auch nicht.
Im Auto? Im Auto vergessen? Nein, kann nich', hab doch mit Frau Cornelia ... vorhin. Von hier, von hier drinnen, oder?
Ich setzte mich auf meine Bank – in Ruhe überlegen. Was kam dabei heraus? Nix natürlich. Außer: alles noch mal absuchen! Gedacht, getan, zum Auto bin ich natürlich auch – erfolglos. Wie hätte es anders sein können. Kein Telefon. Das Ding war weg. Vom Erdboden verschwunden. Ein Mysterium. Unerklärlich.
Da hab ich mich dann eingerichtet – in einen Abend ohne Telefon. Das geht. Insbesondere dann, wenn man auch sonst nur verhalten häufig zum Hörer greift. Wenn aber Keiner da ist zu dem man greifen könnte, ja, dann hat es eine andere Qualität.
Ich schlief ordentlich, wachte auf, warf Brötchen in den Backofen, deckte den Tisch, nahm Aufschnitt aus dem Kühlschrank, oben ist er abgebildet - er ist riesig. Zwischen den Packungen – mein Telefon. Kühl, aber unversehrt.
Jo, so geht das manchmal. Man muss es nehmen wie es ist.
Die Antwort auf die mit der Überschrift gestellten Frage möcht' ich anderen überlassen. Sie werden milder urteilen als ich es täte.